Die sogenannte „Kindergarten-Milliarde“ für 5 Jahre wird daran nichts ändern
Wien, 11. Juli 2022 - Der schulische Bereich klagt über die Personalsituation und im Bereich der Elementarpädagogik zeigt sich das gleiche Bild: Der Personalmangel in den Kindergärten und Horten verschärft sich weiter.
Gleichzeitig beschließt die Bundesregierung eine sogenannte „Kindergarten-Milliarde“ für fünf Jahre für ganz Österreich, die nicht einmal annähernd dazu geeignet ist, Maßnahmen gegen diesen Personalmangel zu setzen.
Die großen privaten Trägerorganisationen in Wien – Diakonie Bildung, Kinderfreunde Wien, KIWI-Kinder in Wien und St. Nikolausstiftung – schlagen einmal mehr Alarm. Für den Start im September fehlen den vier Träger*innen mehr als 300 Pädagog*innen. Das Schuljahr ist zu Ende und es gibt nicht ausreichend Bewerbungen von den Absolvent*innen der BAfEPs. Mit Kollegs versucht der Bund gegenzusteuern, aber das ist zu wenig. Auch die Quereinsteiger*innenprogramme laufen nur schleppend an und großteils sind dabei die Trägerorganisationen gefordert, die Ausbildung mitzugestalten und diese auch mitzufinanzieren.
Personalmangel: Betrieb nicht gewährleistet
So kann es im Herbst nicht weitergehen: Die angespannte Situation in Kindergärten und Horten spitzt sich immer weiter zu: Neben dem Fachkräftemangel befeuern Krankenstände, Quarantänen, Freistellungen von Schwangeren und Risikogruppen die personelle Notlage an den Standorten. Gruppen- und sogar Standortschließungen sind deshalb bereits vorprogrammiert, da sind sich alle Geschäftsführer*innen einig. Die Leidtragenden sind in erster Linie die Kinder, ihnen wird wertvolle Bildungszeit genommen, und andererseits die Eltern, die sich kurzfristig um eine Betreuung der Kinder kümmern müssen. Jedem Kind einen entwicklungsförderlichen Bildungsalltag zur Verfügung zu stellen, ist das Ziel jeder Fachkraft. Ist dies aufgrund der Rahmenbedingungen nicht möglich, ist der Druck zu groß und die Kolleg*innen verlassen frustriert das Berufsfeld.
Politisches Versagen
Für Expert*innen im Bereich der Elementarpädagogik ist die Entwicklung nicht überraschend. Seit Jahrzehnten wird auf den Stellenwert und die prekäre Situation in der frühkindlichen Bildung hingewiesen, aber die verantwortlichen Politiker*innen handeln nicht.
Seitens der Träger*inneninitiative Elementare Bildung Wien wurden daher alle Bildungspolitiker*innen in Wien sowie seitens des Bundes eingeladen, einen Tag im Kindergarten zu hospitieren. Politiker*innen fast aller Parteien sind unserem Aufruf gefolgt. Nicht zuletzt auch Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr. Ihre Erkenntnisse vom Hospitationstag haben sie am Ende des Tages formuliert:
#kindergartenbraucht:
- kleinere Gruppen
- mehr Personal/Pädagog*innen
- besseren Fachkraft-Kind-Schlüssel
- Anerkennung als erste Bildungseinrichtung
- Zeit, Raum, Ressourcen, Expertise
- mehr Wertschätzung
- endlich mehr Unterstützung und echte Taten durch Bund, Land und Gemeinden
- die allerbesten Rahmenbedingungen, damit die Menschen, die hier arbeiten gerne, existenzsichernd und mit Freude bleiben
- Investitionen, weil er Zukunft ist
All diese Forderungen bzw. Erkenntnisse sind die Basis für Qualität in der Elementarpädagogik. Laut Österreichischem BildungsRahmenPlan (S. 25) ist die „pädagogische Qualität in elementaren Bildungseinrichtungen für die Entwicklung der Kompetenzen junger Kinder und damit für die Bildungsbiografie von ausschlaggebender Bedeutung". Daher wäre es nun sehr wichtig, dass den Erkenntnissen seitens der Bildungspolitiker*innen Taten folgen – denn die Situation ist und bleibt prekär.