Antrag 10: Wirklich gute Bücher für alle Kinder

eingebracht von den Kinderfreunden Simmering

„The single story creates stereotypes, and the problem with stereotypes is not that they are untrue, but that they are incomplete. They make one story become the only story.“

Chimamanda Ngozi Adichie

„Eine einzige Erzählung schafft Stereotypen, und das Problem mit Stereotypen ist nicht, dass sie unwahr sind, sondern dass sie unvollständig sind. Sie machen eine Erzählung zur einzigen Erzählung.“

Chimamanda Ngozi Adichie - Übersetzung

Chimamanda Ngozi Adichie ist in Nigeria aufgewachsen, vielfach ausgezeichnete Schriftstellerin und, laut dem Magazin Forbes, eine der 50 einflussreichsten Frauen Afrikas. 40 Millionen Menschen haben bisher ihren Vortrag mit dem Titel „The danger of a single story“, „Die Gefahr einer einzigen Erzählung“ gesehen. Sie erzählt darin von ihrer eigenen Kindheit und Jugend. Sie hat früh und gerne gelesen. Aber lange Zeit kannte sie nur Bücher, die von Menschen aus England oder Amerika geschrieben wurden. Und als sie selbst zu schreiben begann, handelten ihre Geschichten von weißen Kindern, mit blauen Augen, die im Schnee spielten und Äpfel aßen. Genauso wie in den Geschichten, die sie zuvor gelesen hatte. Menschen wie ihre Familie, ihre Freunde oder sie selbst kamen darin nicht vor. 

Geschichten inspirieren Kinder zu eigenen Fantasien 

Bücher und die Geschichten darin, lassen Kinder (und hoffentlich auch uns als Erwachsene noch) in wundervolle Fantasiewelten abtauchen. Und sie inspirieren Kinder dazu eigene Fantasien zu entwickeln. Eigene Welten, in denen ihre Wünsche und Bedürfnisse Platz finden und in denen sie großartige Abenteuer erleben können. Dadurch entwickelt sich, neben vielen anderen Einflüssen und Erlebnissen, ihre Identität, wer sie sind und wer sie sein wollen. Und mit ein wenig Glück auch das nötige Selbstvertrauen, um ihren Träumen zu folgen.

Wenn Kinder erleben, dass sie sich mit keiner dieser Geschichten identifizieren können, weil Menschen wie sie darin einfach nicht vorkommen, stehlen wir ihnen diese Möglichkeit. Und noch schlimmer, wir vermitteln ihnen das Gefühl, dass es in dieser Welt keinen Platz für sie gibt.

Mit gutem Beispiel voran

„Wirklich gute Bücher für alle Kinder: Mit diesem Ziel gründeten 1923 die Österreichischen Kinderfreunde den Verlag Jungbrunnen.“ So heißt es auf der Webseite des Verlags. In den über 100 Jahren seitdem sind zahlreiche wunderbare Bücher entstanden. Bücher in denen Kinder endlich Kinder sein durften, in denen soziale Ungerechtigkeiten thematisiert wurden, in denen Mädchen genauso aufregende Abenteuer erleben durften wie Jungs.

Aber für manche Kinder finden sich im Sortiment kaum Angebote. Im Shop finden sich 122 Bücher. Wir haben nicht alle davon gelesen, aber uns für eine erste Einschätzung die Cover angesehen. Hier eine kurze, nicht-wissenschaftliche, Analyse:

  • 55mal weiße Kinder
  • 30mal Tiere
  • 6mal Kinder mit anderer Hautfarbe
  • 6mal Fantasiewesen
  • 0mal Kinder mit sichtbaren Behinderungen (laut Themenseite gibt es zwei Bücher in denen Behinderungen relevant sind)

Kinder mit anderen Hautfarben gibt es also ungefähr so oft wie Fantasiewesen. Dazu kommt, dass sie in manchen der Geschichten etwas exotisches, etwas fremdes und nicht ein normaler Teil unserer Gesellschaft sind. Kinder mit sichtbarem Migrationshintergrund, Behinderungen, Patchwork- und Regenbogenfamilien, queere Identitäten und bestimmt auch einiges, woran wir nicht gedacht haben, sollten in mehr Büchern vorkommen, die in unserem Verlag Platz bekommen.  Mit Geschichten, die Kinder und uns als Gesellschaft stärken und inspirieren. Wirklich gute Bücher für alle Kinder!

Die Kinderfreunde:

  • bilden eine Arbeitsgruppe zum Thema Diversität in Büchern, zu der sie Teilnehmer:innen der Kinderfreunde, der roten Falken, des Verlags Jungbrunnen und bei Bedarf externe Expert:innen einladen.
  • diskutieren in dieser Arbeitsgruppe welche verschiedenen Identitätskategorien wir in Zukunft sichtbar machen wollen.
  • analysieren gemeinsam mit dem Verlag Jungbrunnen welche Identitätskategorien bereits gut vertreten sind und für welche wir uns noch stärker engagieren müssen. 
  • erarbeiten gemeinsam mit dem Verlag Jungbrunnen ein Konzept, wie in Zukunft verstärkt Schriftsteller:innen mit entsprechenden Geschichten gefunden und gefördert werden können.
  • berichten auf der nächsten Landeskonferenz über die Ergebnisse.