eingebracht vom Landesvorstand der Wiener Kinderfreunde
Antrag 1 - Leitantrag: Wien. Die Stadt #fürallekinder
Wien. Die Stadt #fürallekinder
Riesenrad, Stephansdom und Lipizzaner. Strauß, Schubert und Haydn. Falco, Hirsch und Danzer. Rapid, Austria und der Sportclub. Das alles ist Wien. Für uns ist Wien Sonnenland, Robinson-Spielplatz und Europahaus. Parkbetreuung, Weihnachtsmusical und Summer City Camps. Gruppenstunden, Faschingsfest und Tag des Kindes. Hagenmüllergasse, Salzgries und Am Langen Felde. Paradies, Albertgasse und Donauinsel.
Die Wiener Kinderfreunde sind mit der Geschichte dieser Stadt verwoben wie kaum eine andere Organisation. Wir haben diese Stadt in den letzten 100 Jahren geprägt: Als soziale Ehrenamtsorganisation, als professionelle Dienstleisterin, als moderner Innovationsmotor. All das ist auch weiterhin unser Anspruch. Weil wir es in der Vergangenheit immer waren, die am Puls der Zeit erkannt haben, was Kinder und Familien brauchen. Weil wir nicht nur darüber gesprochen haben, wie die Dinge theoretisch umsetzbar wären, sondern weil wir es einfach gemacht haben. Weil wir die Welt von morgen träumen und sie schon heute zur Wirklichkeit machen können.
Wo wir tätig sind, zeigen wir es vor, wie eine Welt der Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität, Vielfalt und
Frieden aussehen kann. Was wir vorleben, kann in der ganzen Stadt zur Realität werden. Wie diese kinderfreundliche Zukunft aussehen kann und was dazu notwendig ist, skizzieren wir in 7 Bereichen, in denen wir wissen, wie es gehen kann.
1. Beitragsfreier Kindergarten für alle
Als 2009 der beitragsfreie Kindergarten beschlossen wurde, war das ein Meilenstein für die Entwicklung des elementarpädagogischen Bereichs in Wien. Das damals etablierte Fördersystem war auf die schnelle Schaffung vieler Plätze ausgelegt und hat mehrere Jahre gut funktioniert. Aufgrund unterschiedlicher finanzieller Entwicklungen ist es heute für private Betreiber von Kindergärten nicht annähernd möglich, Einrichtungen ohne Elternbeiträge anzubieten. Je weiter die Schere zwischen den Kosten für öffentliche und private Beiträge auseinander geht, desto mehr lässt die Wirkung der damals gesetzten Maßnahme nach, daher ist es höchst an der Zeit für einen erneuten Meilenstein.
Was wir selbst tun:
- Errichtung eines Erik-Hanke-Fonds iHv 10.000€ pro Jahr, aus dem Elternbeiträge von Kindern aus benachteiligten Familien in Kinderfreunde-Kindergärten und Horten übernommen werden können.
Was wir fordern:
- Anpassung des Fördersystems zur Ermöglichung der kostendeckenden Führung von privaten Kindergärten in Wien ohne die Einhebung von Elternbeiträgen
- Einführung des beitragsfreien Kindergartens mit kostenlosem gesundem Essen für alle Kinder in öffentlichen und privaten Einrichtungen
2. Die besten Köpfe in die Bildung - Offensive für pädagogische Berufe
Es gibt nicht genug Pädagog:innen, egal für welche Altersklasse. Dieser Satz ist jetzt wahr und er wird auch noch in den nächsten Jahren wahr sein. Es wird notwendig sein, pädagogisch tätige Teams neu zu denken: Unter Anleitung und Führung von tertiär ausgebildeten Pädagog:innen können Menschen aus anderen Professionen eine wichtige Rolle im pädagogischen Alltag spielen. Stellt sich nur die Frage: Warum sollten sie das tun? Unsere Antwort ist klar: Weil es eine sinnstiftende und ehrenhafte Arbeit ist, die Bildung und Betreuung von Kindern zu verantworten. Das muss sich in Darstellung, Wertschätzung und Entlohnung des Berufs widerspiegeln. Wenn wir die besten Fachkräfte in die Bildung bekommen wollen, müssen wir sie uns holen.
Was wir selbst tun:
- Entwicklung und Bewerbung von speziellen Quereinstiegsszenarien im elementar- wie freizeitpädagogischen Bereich
- Ausbau der Kooperation mit Fellowship-Programmen wie Teach for Austria in allen Bereichen der Kinderfreunde
Was wir fordern:
- Individuelles Qualifizierungsangebot für alle Assistent:innen mit Nachsicht
- Angleichung der Gehaltsniveaus von Mitarbeiter:innen in öffentlichen und privaten Elementarbildungseinrichtungen
3. Sprachenbildung in Kindergarten und Schule neu denken
Kaum ein Thema beschäftigt die Wiener Bildungslandschaft so sehr wie die Frage des Spracherwerbs von Kindern mit Migrationshintergrund. Der politische Holzhammer der gewünschten Deutschpflicht schwebt dabei inzwischen auch schon über ansonsten fortschrittlichen Parteien. Wir Kinderfreunde wissen, dass es nicht den Zwang zum Deutschlernen und das oft bemühte Sprachbad braucht. Es braucht ein tiefergreifendes Verständnis davon, wie Menschen Sprache lernen, welche Rolle ihre Erstsprache dabei spielt und was sie dafür brauchen. Die Schlüssel sind das Wissen über die aktuellen Erkenntnisse der Forschung rund um Spracherwerb, ausreichend Ressourcen für die Umsetzung und vor allem die Beziehung zu Eltern und Kind. All das können unsere Pädagog:innen im elementar-, hort- und freizeitpädagogischen Bereich leisten, wenn wir es ihnen nur ermöglichen. Schulungen, Beratung sowie zusätzliche Materialien und Personal können der erste Schritt zu einem seriösen Umgang mit Mehrsprachigkeit im Bildungswesen sein und den Weg zu einer sachlichen und seriösen Debatte ebnen.
Was wir selbst tun:
- Aufbau eines Kompetenz- und Transferzentrums für elementare sprachensensible Bildung
- Medienöffentliche Präsentation des zeitgemäßen Kinderfreunde-Konzepts zur Sprachförderung als Gegengewicht in der medialen Debatte
Was wir fordern:
- Umschichtung der 15a-Förderung für Sprachförderung von externen Deutschförderkräften hin zur Aus- und Weiterbildung der Elementarpädagog:innen
- Task Force „Sprache neu denken“ mit der Stadt Wien und Expert:innen aus den einzelnen Bereichen, um eine gemeinsame durchgängige Sprachenstrategie vom Kindergarten bis zur Schule hin aufzubauen und umzusetzen
4. Kostenlose Kulturangebote für Kinder
Seit über 60 Jahren laden die Wiener Kinderfreunde tausende Kinder zum jährlichen Weihnachtstheater. Die leuchtenden Augen der Kinder, wenn sie in den renommierten Häusern dieser Stadt speziell für sie gestaltete Stücke sehen, zeigen, wie wichtig dieses Angebot ist. Die rasch ausgebuchten Aufführungen, die verzweifelten Ticketanfragen wiederum zeigen, dass es mehr solche Angebote in der Stadt braucht.
Was wir selbst tun:
- Finanzielle Absicherung des jährlichen Weihnachtstheaters
- Prüfung der Realisierbarkeit weiterer Kulturangebote für Kinder
Was wir fordern:
- Zusätzliche finanzielle Unterstützung des Kinderfreunde-Musicals durch die öffentliche Hand
- Ausbau von kostenlosen Kulturangeboten für Kinder in der Stadt
5. Ausbau von Diagnose- und Therapieplätzen
Die Wartezeit auf einen Therapieplatz im Bereich Logopädie, Ergotherapie und Physiotherapie beträgt für Kinder im Schnitt zwischen 4 und 6 Monaten. Im Leben eines Kindes unter 6 Jahren ist das eine enorm lange Zeit, die Forschung ist hier eindeutig, dass die Ergebnisse von therapeutischen Maßnahmen um ein Vielfaches höher sind, je früher sie ansetzen. Die Notwendigkeit von offiziellen Diagnosen für die Einreichung zusätzlicher Fördermittel bei erhöhtem Förderbedarf hat außerdem offengelegt, dass schon im Bereich der Diagnostik ein enormer Engpass besteht. Dies betrifft vor allem Kassenplätze, was viele Familien zur Nutzung teurer Privatangebote zwingt. Insgesamt gilt es hier, Bürokratie abzubauen, mehr Plätze zu schaffen und vor allem junge Kinder bei Diagnostik und Therapieangeboten nach vorne zu reihen.
Was wir selbst tun:
- Ausbau des Angebots externer Therapieangebote in Einrichtungen der Kinderfreunde
- Erarbeitung eines Pilotprojekts mit dem Ziel Erweiterung von Teams im Regelkindergarten um Personen mit Ausbildungen im therapeutischen Bereich
Was wir fordern:
- Ausbau der Kassenplätze für Logopädie, Ergo- und Physiotherapie für Kinder und Jugendliche
- Lockerung der Verordnungspflicht bei Therapieangeboten für Kinder und Jugendliche
6. Wiener Kindergrundsicherung
Es ist erfreulich, dass es die über viele Jahre gemeinsam mit der Volkshilfe formulierte Forderung der Kindergrundsicherung ins Regierungsprogramm der aktuellen Bundesregierung geschafft hat. Die Verhandlungen mit den einzelnen Bundesländern bergen jedoch die Gefahr, dass eine Nivellierung nach unten vorgenommen wird. Besonders die medial oft kolportierten Einzelfallbeispiele der Großfamilien in der Mindestsicherung könnten dazu führen, dass die Mindestsicherung bei Mehrkindfamilien österreichweit degressiv gestaltet wird. Neben den finanziellen Fragen geht es für uns als Kinderfreunde aber vor allem um Teilhabe an der Gesellschaft und an pädagogisch hochwertigen Angeboten für Kinder und Familien. Der proaktiv formulierte Anreiz, an solchen teilzunehmen und gleichzeitige Förderung durch die öffentliche Hand kann hier tatsächliche gesellschaftliche Teilhabe abseits von neoliberaler Neiddebatte ermöglichen.
Was wir selbst tun:
- Beibehaltung der linearen Steigerung der Mindestsicherung für Mehrkindfamilien
- Ausgabe eines „Teilhabegutscheins“ für armutsgefährdete Familien, um die Teilnahme an Sommeraktivitäten oder Vereinstätigkeiten zu ermöglichen
Was wir fordern:
- Einrichtung eines Teilhabefonds, mit dem auf Antrag der Bezirke Kindern und Jugendlichen Zugang zu Angeboten der Kinderfreunde finanziert wird
7. Inklusion in allen Einrichtungen
Zu Ende gedacht sollte sich jede Inklusionsmaßnahme selbst abschaffen, da das Ziel sein muss, dass jede einzelne Einrichtung in unserer Gesellschaft für alle Kinder nutzbar und zugänglich ist. Doch bevor wir Inklusionsgruppen, Sonderpädagogische Zentren und Maßnahmen zur Einzelinklusion abschaffen können, sind noch einige Zwischenschritte notwendig. Dabei geht es um zwei Dinge: Die notwendigen Ressourcen für flächendeckend verstärkte Inklusionsmaßnahmen zur Verfügung zu stellen sowie das Bewusstsein für unser Verständnis von gesamtheitlicher Inklusion mehr und mehr zu steigern. Mit unserem Leuchtturmkindergarten als befristetem Pilotprojekt konnten wir mittlerweile zudem genügend Erfahrungen sammeln, die uns zutrauen lassen, dass wir maximale Inklusion anbieten können.
Was wir selbst tun:
- Stetiger Ausbau und Weiterentwicklung des frisch gestarteten Modells der Einzelinklusion im Kindergarten
- Verankerung des Themas Inklusion als Querschnittsmaterie in allen Projekten und Veranstaltungen auf haupt- und ehrenamtlicher Ebene
Was wir fordern:
- Erarbeitung eines flexiblen Fördermodells, das gesamtheitliche Inklusion an allen Kindergartenstandorten ermöglicht
- Abbau von Bürokratiehürden und Beschleunigung der Abläufe in der Abwicklung von Einzelintegrationsmodellen im Kindergarten